Wie verbunden bin ich mit mir und der Welt?

Aus dem Magazin „KörperGeistSeele“
(Ausgabe September 2010)

Wie verbunden bin ich mit mir und der Welt?

Die Leiterin der Chiron-Schule Mareen Muckenheim im Gespräch über Intuition

Haidrun Schäfer: Das letzte Mal haben wir uns über die Wahrnehmungsfähigkeiten, über die eine HomöopathIn verfügen sollte, unterhalten. Heute geht es um Intuition. Kann man sagen, dass Intuition so etwas wie eine innere Wahrnehmung ist?

Mareen Muckenheim: Im Grunde: Ja. Ich glaube, dass Intuition nicht nur aus der Weisheit des Kosmos schöpft, sondern dass es eher darum geht, wie verbunden ich mit mir und der Welt bin. Für mich ist Intuition eine Art von Gefühl – wir haben im Deutschen nicht ausreichend differenzierte Worte, die diese Bereiche bezeichnen – , dass ich etwas in mir spüre, was sich dann in meinem Verhalten oder in meinen Worten manifestiert. Intuition ist etwas, was mir entspringt oder was mich als Instrument nutzt. Auch das Kügelchen ist eine Art Instrument. Genauso kann ich mich als Instrument sehen und verwenden. Vielleicht ist ‚Eingebung‘ ein Wort, was der Intuition noch am nächsten kommt.

Kann man Intuition schulen?

Natürlich kann man Intuition schulen. Aber bevor ich mich an die Schulung mache, ist es wichtig, dass ich etwas anderes schule: dass ich die Dinge, die ich wahrnehme, auch auseinanderhalten kann. Wenn ich widersprüchliche Informationen bekomme, die ich über die Wahrnehmung aufnehme, interpretiere ich sie über den Verstand – das ist die Umsetzung von Wahrnehmung. Trotzdem habe ich bei allem zugleich eine innere Führung. Diese muss ich bei mir erst einmal schätzen lernen, um ihr dann vertrauen zu können. Da die meisten von uns keine erfreulichen Biographien haben, müssen wir als erstes lernen, unsere Eingebungen von analytischen Rückschlüssen zu unterscheiden, die häufig aus der eigenen Geschichte resultieren – in dem Sinne: „Ich versuche wieder gut zu machen, was ich gerne gehabt hätte, was man mit mir gemacht hätte.“ Das hat aber nichts mit Intuition zu tun.

Intuition ist eine spirituelle Dimension und natürlich kann ich mich spirituell schulen. Dazu empfehle ich MBSR – mindfulness based stress reduction – zu nutzen. Diese Methode hat der Amerikaner Jon Kabat-Zinn begründet, indem er die Vipassana-Meditation aus dem Buddhismus mit westlichen Heilungsansätzen kombinierte. Hier liegt der Fokus darauf, dass die Dinge nicht gewertet werden, sondern einfach beobachtend geschehen dürfen. Ziel ist, die Dinge bewusst zu erleben – Alltäglichkeiten, wie z.B. eine Türklinke in die Hand zu nehmen und herunterzudrücken: Wie nehme ich diese Türklinke in die Hand und welchen Druck übe ich aus? Es geht darum, Kleinigkeiten in die bewusste Wahrnehmung hineinzunehmen, um es nicht „irgendwie“ zu machen.

Intuition zu schulen, heißt also als erstes, sich selbst kennen zu lernen?

Ja, ich empfehle immer, an der eigenen Biographie zu arbeiten und da bevorzuge ich die Körperpsychotherapie – wie Gerda Boyesen, Ebba Boyesen, Mona-Lisa Boyesen, David Boadella -, denn sie kann in die vorsprachlichen Bereiche vordringen. Intuition kann erst freigesetzt werden, wenn ich von den biographischen Faktoren nicht mehr so belastet bin und meine, ich muss den Menschen etwas Gutes tun. In der Regel fangen die Menschen in Heilberufen mit der Motivation an, dass sie etwas Gutes für die Menschheit tun wollen. Ich glaube aber, dass ich an meine Potentiale nur dann herankomme, wenn ich frei bin von Intention. Ich muss schlecht und gut sein dürfen, weil ich so bin, wie ich bin. Der Schatten gehört immer dazu und in ihm liegt die meiste Kraft.

Kommen wir noch auf etwas anderes zu sprechen: Ein Arzt verlässt sich für eine Diagnose nicht auf seine Intuition, sondern auf nachweisbare Fakten: Blutdruck, Pulsfrequenz, Laborwerte. Wie bewerten Sie diese Diagnosemittel?

Für mich zeichnet einen guten Arzt durch seine Wahrnehmungsfähigkeit aus. Und in gewisser Weise nutzen wir in der Homöopathie auch Repertoriumsrubriken – wie z.B. Puls schnell oder langsam -, aber in der Hierarchie der Homöopathie stehen die körperlichen Symptome ganz unten. Für uns sind die Geistes- und Gemütsverfassungen ganz hochwertig und damit kommen wir immer in den individuellen Bereich. Aber dennoch nutze ich die Diagnosemittel der Schulmedizin, wenn es z.B. um einen Gebärmutterhalsabstrich oder um Leberwerte geht. Diagnostik muss meiner Meinung nach nur stets in Relation stehen zu dem, was die Behandlung dann auch bringen kann. Die Homöopathie wird oft unterschätzt in dem, was sie erreichen kann. Ich habe eine Kollegin, die sehr hohe Raten an Krebsheilungen hat. Die bestehenden Ansätze der Komplementärmedizin sind zu begrüßen, aber trotzdem bleibt das Machtgefüge in den Gedankengängen bestehen. Da bleibt noch einiges zu tun…

… packen Sie’s an! Herzlichen Dank.

Das Interview führte Haidrun Schäfer